Besitz - Begriff und Arten. Gutgläubiger Erwerb. Rechte des Besitzers. Besitzschutz

Der Besitz ist ein tatsächlicher/faktischer Zustand. Objekte des Besitzes können nur Sachen sein. Art. 68 Abs. 1 EG regelt die rechtliche Definition des Besitzes - nämlich die Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft, über die der Besitzer, entweder persönlich oder mittels einen anderen, verfügt, sein eigen nennt. Aus dem Begriff ergeben sich zwei Merkmale – der objektive in der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft, und der subjektive - die Absicht, die Sache zu besitzen. Der Besitz vermutet Rechtsfähigkeit. Zudem ist auch notwendig, dass, sowie die Einwirkung, als auch der Besitz an der Sache dauerhaft ausübt werden, was bedeutet, dass die  tatsächliche Herrschaft über die Sache nicht für einen längeren Zeitraum als 6 Monate verloren wird. Ein unterbrochener Besitz existiert nicht - wenn der Besitz unterbrochen wird, gilt er als verloren (beendet), kann jedoch erneut ausgeübt werden. Die Bedeutung des dauerhaften Besitzes ist für den Schutzbereich/-maßnahmen nach Art. 75 EG und den Erwerb nach Verjährung gem. Art. 81 EG relevant. Schließlich muss der Besitz ungestört und offensichtlich erfolgen, d.h. nicht verborgen sein.

Arten von Besitz
1. Nach der Rechtsgrundlage der Entstehung des Besitzes unterscheidet das EG zwei Arten von Besitz – Besitz im guten Glauben und gewöhnlichen Besitz.

1.1. Gutgläubig:
Dies ist ein qualifizierter Fall des Besitzes. Dessen Entstehen wird auf der Grundlage zusätzlicher Bedingungen bestimmt. Die tatsächliche Zusammensetzung des gutgläubigen Besitzes ist in Art. 70 EG festgelegt. Der gutgläubige Besitz begründet sich durch juristische Tatsache, die eine Eigentumsübertragung begründet oder die Begründung eines anderen Eigentumsrechts rechtfertigt - diese können Verträge zur Übertragung von Eigentum (Verkauf, Tausch), einseitige Rechtsgeschäfte (ausgenommen Testamente, da die Hinterlegung einer fremden Sache nach Art. 19 des Erbgesetzes nichtig ist), mehrseitige Rechtsgeschäfte (Gesellschaftsanteile in Form von Immobilien), Verwaltungsakten oder andere komplexe tatsächliche Zusammensetzung oder eine Gerichtsentscheidung (z.B. Gerichtsentscheidung nach Art. 19 GSV). Als nächstes ist wichtig, dass die Rechtsgrundlage eine gültige Rechtshandlung darstellt, da eine nichtige Grundlage keine gültige juristische Tatsache ist, auf welcher Grundlage die Übertragung eines Eigentumsrechts (ER) erfolgen kann bzw. auf welcher ein anderes Sachenrecht (SR) begründen oder übertragen werden kann. Wenn die Grundlage für die Übertragung vom SR anfechtbar ist, zieht dies Rechtsfolgen nach sich, welche jedoch rückwirkend gelöscht werden können. Gleichzeitig sind in dem Fall bei dieser Rechtsgrundlage nicht alle Voraussetzungen erfüllt, da sonst das Eigentum nahtlos an den Besitzer übergehen würde. Diese fehlenden Voraussetzungen können folgende sein - 1. Der Veräußerer ist Nichteigentümer – wenn dem logischen Grundsatz gefolgt wird, dass keiner mehr Rechte übertragen kann, als er besitzt, wird dem Erwerber folglich auch kein Eigentümer übertragen. Ein weiterer Nachteil kann sein, dass die Form des Vertrags nicht eingehalten wurde. Auch wenn die Form zunächst eingehalten wurde, macht die Verletzung der Handlung  diese ungeeignet für eine Eigentumsübertragung. Schließlich muss der Besitzer über diese Verletzung zum Zeitpunkt der Entstehung der Rechtsgrundlage in Unkenntnis darüber gewesen sein. Auch wenn zum späteren Zeitpunkt Kenntnis erlangt davon wird, ist dies kein Hindernis um die Entstehung der Rechtsgrundlage. Jeder Fehler ist relevant - sowohl in faktischer, als auch in rechtlicher Hinsicht. Der Besitzer muss nur die Rechtsgrundlage nachweisen, die ihn zum Eigentum berechtigt, denn die Gutgläubigkeit sich nur auf die Unkenntnis bezieht.

Die Gutgläubigkeit des Besitzers hat folgende rechtliche Bedeutung:
- Die Verjährung vom Eigentumserwerb von Immobilien beträgt fünf Jahre;
-  Der gutgläubige Erwerber nutzt die Sache und erwirbt die Erträge bis die Ansprucherhebung der Rückübereignung;
- Er hat den Anspruch auf den Mehrwert, mit welchem die Sache ihr Wert erhöh hat;
- Der gutgläubige Besitzer kann die Sache behalten bis die Auslagen beglichen werden.

1. 2. Gewöhnlicher (nichtgutgläubiger) Besitz: all dies, was nicht gutgläubig ist, d.h. nicht die Voraussetzungen der Gutgläubigkeit erfüllt.
Ein gewöhnlicher Besitzer hat sowohl Rechte, als auch Pflichten. Gemäß Art. 73 Abs. 1 EG schuldet der Besitzer dem Eigentümer eine Entschädigung für die entgangene Vorteile. Zudem schuldet er die Erträge, die er erhalten hat oder hätte erhalten können, nach Abzug der Ausgaben. Er genießt jedoch auch folgendes Recht: das Recht auf Schutz des Eigentums laut Artt.75 und 76 des EG. Die erworbene Verjährung bei gewöhnlichem  Besitz ist länger - 10 Jahre für Immobilien und 5 Jahre für bewegliche Sachen. Ein gutgläubiger Besitzer hat Anspruch auf die notwendigen Ausgaben für den Erhalt der Sache, sowie für Erstattung der Verbesserungen zwischen den kleineren Betrag der Auslagen und den Mehrwert der Immobilie.

Die Unterscheidung zwischen gutgläubiger und gewöhnlicher Besitz ist wichtig, es existieren dennoch auch weitere solche.

2. Voller und begrenzter Besitz

2.1. Voller Besitz liegt vor, wenn der Besitzer die tatsächliche Macht besitzt, dieselben Wirkungen auf der Sache ausüben kann, wie auch ein Eigentümer. Der Besitzer  besitzt, nutzt und verwaltet die Sache in vollem Umfang.
2.2. Bei dem begrenzten Besitz führt der Besitzer tatsächliche Handlungen aus, die  vom Umfang eines beschränkten Sachenrechts entspricht – z.B. das Recht zum Bau. In diesem Fall ist es möglich, dass der Besitzer sowohl vollen, als auch begrenzten Besitz hat. Typisch für einen Besitzer mit begrenztem Besitz ist, dass er im Bewusstsein ist, dass nicht die tatsächliche Macht in der Eigenschaft als Eigentümer ausübt, sondern im des zu seinen Gunsten begründeten  Rechts.
3. Mitbesitz
Mitbesitz liegt vor, wenn zwei oder mehrere Personen gleichartigen Besitz auf derselben Sache haben. Wenn es sich um vollen Mitbesitz handelt, besitzen sie die Sache als  Eigentümer, behandeln diese als gemeinsame Sache. Die Absicht ist hier der ausschlaggebende Punkt. Die tatsächliche Herrschaft über die Sache kann auch nur von einem der Miteigentümer  ausgeübt werden – dann ist er nach innen Besitzer und nach außen Halter der Sache.
Rechtsfolgen:
Wenn jemand die Rechte des Besitzers verletzt, hat der Besitzer Anspruch auf Besitzschutz, sowie Schadensersatz nach den allgemeinen Vorschriften. Darüber hinaus hat  der Besitzer das Recht Eigentum an der Sache nach Ablauf gewisser Frist zu erwerben. Unter bestimmten, vom Gesetzgeber vorgegebenen Voraussetzungen, kann der Besitzer ferner die Kosten zu beanspruchen. Schließlich, aus verfahrensrechtlicher Perspektive wird vermutet, dass der Besitzer auch der Eigentümer des Grundstücks ist, obwohl die Beweislast auch von der verfahrensrechtlichen Qualität der Partei abhängt.

Schutz des Besitzes:
Der Besitz ist an erster Stelle erschaffen worden, um geschützt zu. Dies sind Forderungen mit dem Ziel, eine Rechtsgrundlage zu schützen. Der Wille des Gesetzgebers ist es, Willkür zu vermeiden. Der Schutz wird für alle Arten vom Besitz gewährleistet. In den Vorschriften sind zwei Arten von Schutz vorgesehen:

  1. Anspruch zum Schutz des gestörten/beeinträchtigten Besitzes nach Art. 75 EG;
  2. Anspruch auf Rückgewährung des entzogenen Besitzes oder Verwaltung nach Art. 76 EG.

Anspruch zum Schutz des beeinträchtigten Besitzes
Verstoß unter Art. 75 EG ist jede Handlung, mit welcher der tatsächlichen Macht verletzt wird, wobei die Absicht des Täters irrelevant ist. Legitimierter Anspruchsteller ist jeder rechtmäßiger Besitzer einer Sache, die er für mehr als sechs Monate ununterbrochen besessen hat. Ziel der Vorschrift ist es nur den dauerhaften und unstrittigen Besitz zu schützen. Gemäß Art. 83 EG hat derjenige, der zu unterschiedlichen Zeitpunkte eine Sache besessen. Gegenstand des Anspruchs können Immobilien, Sachenrechte oder Verbindlichkeiten sein. Anspruchgegner kann jede Person sein und der Anspruch soll innerhalb von 6 Monaten nach erfolgter Verletzung erhoben werden. Die Frist ist eine Verjährungsfrist.

Anspruch nach Art. 76 EG
Dieser Anspruch ist auf Rückgewährung des entzogenen Besitzes oder Verwaltung. Rechtsmäßiger Kläger ist der jeder Besitzer unabhängig von der Dauer. Gegenstand des Anspruchs können bewegliche und unbewegliche Sachen sein. Entziehen des Besitzes muss durch Gewalt oder verdeckte Weise erfolgt sein. Der Anspruchgegner ist die Person die Sache entzogen hat, d.h. der Anspruch ist persönlich. Der  Anspruch soll innerhalb von 6 Monaten ab Kenntnisnahme oder der Beendigung der Gewaltausübung erhoben werden.
Rechtsfolgen dieser Ansprüche ist, dass die Gegenseite die Sache zurückgeben soll, den Verstoß beenden soll oder den Ursprungszustand widerherzustellen.